"The Zone of Interest": Völkische Familienwelt am Vorhof zur Hölle | Breitbild-Kritik
Der britische Auschwitz-Film präsentiert die Banalität des Bösen auf beklemmende Weise mit Sandra Hüller und Christian Friedel
Mit The Zone of Interest startet ein Film in den deutschen Kinos (VÖ: 29.2.2024), der sich dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte widmet. In den Hauptrollen: Sandra Hüller und Christian Friedel. Ein Film, der auf beklemmende Weise vom alltäglichen Familienleben an den Außenmauern des Konzentrationslagers Auschwitz erzählt. Ein auf unangenehme Weise guter Film. FilmFlux Ron Stoklas liefert euch seine Kritik.
"The Zone of Interest" - worum geht es?
Im Mittelpunkt steht die Familie von Rudolf Höß (Christian Friedel). Er war zwischen 1940 und 1943 Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz. The Zone of Interest blickt aber weniger auf seine Arbeit, sondern mehr auf das alltägliche Leben der Familie - und wie sie sich an den Außenmauern des Vernichtungslagers den völkischen Traum vom Familienidyll verwirklicht haben. Es geht um Kaffee und Kuchen, Mode und den Garten, den Hedwig Höß (Sandra Hüller) stolz der eigenen Mutter präsentiert. Eine Parallelwelt am Rande eines Ortes, der Millionen Menschen unendliches Leid zugefügt hat.
Hedwigs Mutter: "Das ist die Mauer vom Lager?"
Hedwig Höß: "Ja, das ist die Lagermauer. Da haben wir noch Wein geplant, damit das zuwächst. Damit man das nicht mehr so sieht."
Hedwigs Mutter: "Vielleicht ist ja Esther dort."
Hedwig Höß: "Wer war das noch mal?"
Hedwigs Mutter: "Na die, für die ich geputzt habe."
FluxFM-Kritik: Die beklemmende Banalität des Bösen
Es sind kleine Gespräche, wie das zwischen Hedwig und ihrer Mutter, die den Film so bedrückend machen. Während auf der einen Seite das heile, völkische Idyll zelebriert wird, hört man im Hintergrund Schreie, Hunde und Schüsse. Zwar wird der Horror der Vernichtung nur angedeutet, jedoch ist die selbstgefällige Selbstverständlichkeit der NS-Verbrechen auf beklemmende Weise konsequent spürbar.
Ich hatte immer wieder einen Schauer, der mir über den Rücken gelaufen ist. Das liegt an der Machart des Films, der Musik und am Cast. Sandra Hüller als eiskalte "Königin von Auschwitz" und Christian Friedel als emotionsloser Planer und Vollstrecker der Vernichtung, liefern eine unangenehm gute Performance.
Gleiches gilt für die Filmmusik von Mica Levi und die Kameraarbeit von Łukasz Żal. Der britische Komponist liefert für The Zone of Interest einen minimalistischen, aber immer auf den Punkt wuchtigen Score. Derweil erzeugt der polnische Kameramann mit statischen Einstellungen und harten Schnitten ein dauerhaft kühles Gefühl bei der Betrachtung des ignorierten Grauens.
Was den Film noch beklemmender macht, ist die Tatsache, dass an Originalschauplätzen gedreht wurde. Kein fiktives Studio, sondern die echten Außenmauern des KZ Auschwitz dienen als Kulisse.
The Zone of Interest sind nicht nur 106 Minuten heile, völkische Familienwelt am Vorhof zur Hölle. Es ist ein Film, der die Verbrechen nicht in den Mittelpunkt setzt, es aber schafft, die widerliche Banalität des Bösen in jeder Einstellung spürbar zu machen.
Die Breitbild-Kritik zu anhören findet ihr ab 9 Uhr am 29.2.2024 oben auf der Seite.